Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre ersten Begegnungen mit Bachs h-Moll-Messe?
Ich muss etwa 17 Jahre alt gewesen sein, als ich in meiner Heimatstadt Zwolle eine Schallplatte der h-Moll-Messe ausgeliehen habe. Für mich war es Liebe beim ersten Hören, auch wenn ich damals natürlich kaum etwas über die komplexe Struktur des Stückes wusste. Mit dem Amsterdam Baroque Orchestra und dem Niederländischen Kammerchor habe ich die Missa dann in den 1980er Jahren das erste Mal einstudiert, außerdem habe ich mehrfach die Continuoorgel in anderen Aufführungen gespielt und dadurch das Werk aus verschiedenen Perspektiven immer besser kennengelernt.
Die h-Moll-Messe setzt sich aus 27 Einzelsätzen verschiedenster Besetzung und Stilistik zusammen. Wirkt das gesamte Werk auf Sie dennoch einheitlich?
Bei jeder Aufführung erstaunt es mich immer wieder, dass die einzelnen Stücke so unterschiedlich sind und doch so gut zusammenpassen. Man findet den altmodischen und den modernen Bach; der Chor singt vier-, fünf- und achtstimmig; das Orchester wechselt bunt die Besetzungen. Und dennoch empfindet man die Missa nie als Stückwerk, sondern immer als eine großartige Einheit.
Der Lutheraner Bach hat diese »catholische Messe« geschrieben. Kann die h-Moll-Messe überhaupt einer Konfession zugeordnet werden?
Ich habe große Sympathie für die These von Michael Maul, dass Bach die vollständige Messe 1749 als Auftragswerk für eine Aufführung der »Musicalischen Congregation« in Wien geschrieben hat. Anhaltspunkte dafür gibt es, wenn auch die genauen Beweise noch ausstehen. Damit hätte der alte Bach ganz elegant seine Überkonfessionalität bewiesen. Mir fällt dazu noch eine Anekdote ein: Vor einigen Jahren haben wir mit dem Amsterdam Baroque Orchestra & Choir die h-Moll-Messe in der Lateranbasilika in Rom aufgeführt. Anwesend waren mindestens 300 katholische Würdenträger, darunter Kardinäle und Bischöfe. Die waren wohl recht erschöpft und müde. Als aber der Satz »Et in unam sanctam catholicam ...« erklang, wurden sie alle wach und blickten auf, nach dem Motto »Das ist ja auch für uns.«
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