Die Bach-Medaille 2020 für Angela Hewitt

Die Bach-Medaille der Stadt Leipzig 2020 für Angela Hewitt – eine Würdigung

Seit dem Kanadier Glenn Gould hat es keinen Künstler gegeben, der die Bach-Interpretation auf dem modernen Konzertflügel derart in das Zentrum seines Wirkens gerückt hat wie Goulds Landsfrau Angela Hewitt. Die 1958 geborene Tochter des Domorganisten zu Ottawa gewann 1985 den internationalen Bach-Klavierwettbewerb in Toronto und hat später mit ihrer preisgekrönten Einspielung von Bachs gesamten Klavierwerk beim Label Hyperion (1994–2006) Maßstäbe gesetzt, an denen kein Pianist der jüngeren Generation vorbeikommt.

 

Ein Rezensent des BBC Music Magazine würdigt ihre Einspielung des Wohltemperierten Claviers mit den Worten: »Hewitt has set a new benchmark. Her touch is admirably clear and light ... and she is uniquely attuned to Bach’s supple, sprightly rhyhms. A ›48‹ of exceptional grace and beauty. I know of no musician whose Bach playing on any instrument is of greater subtlety, beauty of tone, persuasiveness of judgement or instrumental command than Hewitt's is here«. Dem Goldberg Early Music Magazine gilt Hewitts Interpretation der Englischen Suiten als »the finest set of English Suites on the piano«.

 

Tatsächlich überwältigt Angela Hewitt Kritiker und Zuhörer gleichermaßen: mit ihrem klaren, transparenten, ausgesprochen gesanglichen und zugleich rhythmischen Klavierspiel, ihrem weichen Anschlag und ihren aus dem Inneren heraus strahlenden, immer natürlichen und nie aufgesetzten Bach-Interpretationen. In nahezu allen großen Konzertsälen der Welt hat Hewitt mit zyklischen Aufführungen u. a. des Wohltemperierten Claviers oder von Bachs Clavierübungen maßgeblich dazu beigetragen, dass die Tastenmusik Johann Sebastian Bachs neben der Originalklangbewegung noch immer Kernrepertoire der Pianisten ist, speziell mit ihrer spektakulären »Bach World Tour«, die sie 2007/08 innerhalb von 14 Monaten in 25 Länder führte.

 

Doch Hewitts musikalischer Horizont reicht weit über Bach hinaus. Rund um den Globus hat sie Werke von Louis Couperin, Rameau, Beethoven, Chopin, Schumann, Fauré und Messiaen musiziert und auf dutzenden Tonträgern eingespielt. Zahllosen Sinfonieorchestern ist sie eine bewährte Partnerin im klassischen Konzert-Repertoire.

 

Hewitt erhielt 2000 den Titel eines »Officer of the Order of Canada« und wurde 2015 zum »Companion of the Order of Canada« ernannt – die höchste Ehrung des Landes. Im Jahr 2006 wurde die inzwischen in London lebende Künstlerin »Officer of the British Empire« und im gleichen Jahr von der renommierten englischen Musikzeitschrift Gramophone als »Artist of the Year« ausgezeichnet.

 

Neben weiteren zahlreichen Würdigungen erhielt Hewitt Ehrendoktorwürden an sechs kanadischen Universitäten sowie an der Open University in London. Seit 2005 ist sie zudem künstlerische Leiterin des Trasimeno Music Festivals in Umbrien. Hier und in Meisterklassen auf der ganzen Welt gibt sie ihre Kenntnisse über und Einsichten in Bachs Klavierwerk an jüngere Generationen weiter. Legendär und überaus beliebt sind zudem ihre lebendigen Gesprächskonzerte, Konzerteinführungen und essayistischen Texte über Bach.

 

Wegen ihres vielfältigen und langjährigen Engagements für Johann Sebastian Bachs Musik, ihrem wahrhaften Wirken als Bach-Botschafterin auf der ganzen Welt und ihren Maßstäbe setzenden Bach-Interpretationen auf dem Konzertflügel wird Angela Hewitt die Bach-Medaille der Stadt Leipzig 2020 verliehen. Sie ist damit zugleich die erste Frau, die diese seit 2003 jährlich verliehene Auszeichnung erhält. Herzlichen Glückwunsch, liebe Angela Hewitt!

 

Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig

mit der Jury zur Verleihung der Bach-Medaille:
Prof. Dr. Ton Koopman – Präsident der Stiftung Bach-Archiv Leipzig
Prof. Martin Kürschner – Rektor a. D. der Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« Leipzig
Maestro Andris Nelsons – Gewandhauskapellmeister
Prof. Gotthold Schwarz – Thomaskantor
Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Wollny – Direktor der Stiftung Bach-Archiv Leipzig

Grußbotschaft des Botschafters von Kanada in Deutschland, Stéphane Dion

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde Kanadas,

es ist mir eine Ehre und Freude, der weltberühmten Pianistin Angela Hewitt, auf die Kanada so stolz ist, von ganzem Herzen zu gratulieren. Als eine der berühmtesten Bach-Interpretinnen unserer Zeit wird ihr bewundernswertes Talent am 17. November erneut gewürdigt, dieses Mal mit der renommierten Bach-Medaille der Stadt Leipzig.

 

Wir freuen uns sehr, sie anlässlich dieser großen Gelegenheit die Goldberg-Variationen an keinem geringerem Ort als der Thomaskirche selbst spielen zu hören, sicherlich ein Höhepunkt in Kanadas reichem Kulturprogramm als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse unter dem Motto »Einzigartige Vielfalt«.

 

Trotz der aktuellen Pandemie haben wir das Glück, diesem wunderbaren Konzert des Bachfest Leipzig virtuell auf Arte Concert beiwohnen zu können.

 

Ich wünschen Ihnen dabei viel Vergnügen!

 

Ihr

Stéphane Dion,
Botschafter von Kanada in Deutschland und Sondergesandter für die Europäische Union und Europa

 

 

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